Page 22 - Jahrbuch_2024
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Er hat dann an der Sportschule in Steinbach über drei Stunden erzählt. Von seinen Anfängen
beim TSV Oftersheim. Wo er Kinder und Jugendliche betreut hat. Alle aus dem Ort oder der
nahen Umgebung. Eine davon war Malaika, die mehr oder weniger um die Ecke bei ihm wohnt.
Sie ist ihm schon früh aufgefallen. Aber da waren eine ganze Menge andere, die
möglicherweise ähnlich talentiert waren.
Deshalb stand immer erst einmal die Gruppe im Vordergrund. Vielseitiges Training und
Mehrkampf. Konsequenterweise war Malaika Mihambos erster Deutscher Meistertitel dann
auch der Titel mit ihrer Siebenkampf-Mannschaft.
Irgendwann hat sich das dann alles zwangsläufig auf Malaika konzentriert. Als klar wurde, was
für ein Ausnahmetalent sie ist. Man kann sich vorstellen, wie die Intensität und der Umfang der
Trainertätigkeit dann immer weiter gewachsen ist.
Alles neben Familie und Lehrerberuf. Die meiste Zeit an der Erhard-Schott-Schule in
Schwetzingen, später dann auch beim Regierungspräsidium in Karlsruhe. Abends immer
Training. Dazwischen Trainingsplanung und Wettkampfplanung. Fahrten zu Wettkämpfen und
in Trainingslager.
Unterstützung hat er sich selbst geholt. Alles um die Ecke. Für das Krafttraining bei seinem
Vereinskollegen Werner Heger. Früher mal Deutscher Meister im Kugelstoßen, inzwischen über
80 Jahre alt. Und für den Sprint bei Valerij Bauer in Mannheim.
Unterstützung gab es dann später auch durch das Kultusministerium und den LSV, mit einer
Reduzierung des Stundendeputats, als sogenannter Lehrertrainer. Der DLV konnte sich lange
nicht für dieses Trainings-Modell begeistern. Im Gegenteil – nach einem Verletzungsjahr flog
Malaika sogar aus dem Bundeskader. Und umgekehrt passten die Ideen des DLV,
Trainingslager- und Trainingsplanung nicht immer zum Konzept von Ralf. Gott sei Dank ist er
seinem Weg treu geblieben. Auch als man ihn als Heimtrainer nicht zu internationalen
Meisterschaften mitnehmen wollte. Sein Trainingsaufbau hat jedenfalls immer auf den Punkt
funktioniert. Zum Saisonhöhepunkt war die Leistung da.
Wie so oft kam die Einsicht oder vielleicht besser die Akzeptanz mit dem Erfolg: Nach etlichen
deutschen Meistertiteln, internationalen Top-Platzierungen bei Europa- und
Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen 2016. Nach dem Gewinn der
Weltmeisterschaft 2019 in Doha und der bis heute stehenden Bestweite von 7,30 Metern war
es dann genug.
Ralf hat seiner Familie Priorität eingeräumt und sich vom Leistungssport verabschiedet. Für
viele überraschend, für ihn konsequent.
Auch das verdient Respekt. Wie Vieles, das er vorher gemacht hat. Was ich aus der Geschichte
von Ralf lerne, ist das: Spitzentraining ist auch jenseits von Leistungszentren möglich
Spitzenathleten brauchen nicht zwingend einen Bundestrainer Spitzenleistung gibt es nur mit
hohem persönlichem Einsatz.
BLV-Jahrbuch 2024 Seite 21