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GELD & BO¨ RSE
von einer positiven Prämie auszugehen ist, nicht als Nachteil angesehen, sondern vielmehr hinaus mit Sicherheit prognostizierbar. Fak-
sie aber kurz- und mittelfristig stark schwankt. als wünschenswerter Nebeneffekt der „Ernte“ torprämien sind hier keine Ausnahme.
mehrerer Faktorprämien begrüßt werden kann.
Würde die Prämie nicht kurz- und mit- Sollten alle Faktorprämien, die man sich
telfristig unprognostizierbar stark schwanken, Eine weitere Implikation der Schwan- ins Portfolio geholt hat, künftig auf null sinken,
so wäre sie schon längst „wegarbitriert“, kungsanfälligkeit von Faktorprämien ist, dass bestünde der Verlust (die sogenannten „Op-
sprich: verschwunden, denn bei hoher Stetig- man seinen einmal eingeschlagenen Kurs auch portunitätskosten“) des Anlegers lediglich in
keit würde ja jeder nur diese Aktien kaufen. dann beibehalten sollte, wenn die ausgewähl- den aktuell etwa 0,3 Prozent höheren Pro-
Die Prämien müssen daher kurz- und mittel- ten Prämien über einen längeren Zeitraum ne- duktkosten von „Smart-Beta-Fonds“ gegen-
fristig mithin unzuverlässig sein. Um die „Un- gativ sind. Diese werden erwartungsgemäß über marktneutralen Indexfonds. Wenn man
zuverlässigkeit“ von Faktorprämien abzumil- irgendwann wieder ins Positive drehen. Im das Verschwinden von ein oder zwei der Fak-
dern, bietet es sich daher an, über mehrere langfristigen Durchschnitt sind sie in allen torprämien in der Zukunft unterstellt, würde
Prämien hinweg zu diversifizieren, also nicht Fällen positiv. das zwar eine Verringerung der Mehrrendite,
alle Eier in einen Korb zu legen. nicht aber eine Unterrendite des Faktorport-
Wie werden sich Faktoren entwickeln? folios bedeuten. Insgesamt macht die erwartete
Da sich Faktorprämien gegenseitig be- Outperformance durch den Einsatz von Fak-
einflussen, kann die Rendite mehrerer Fak- Kann man davon ausgehen, dass historische torprämien deren Mehrkosten mehr als wett.
torprämien nicht einfach aufaddiert werden. Erfahrungswerte – richtig verstanden – auch
Diese Wechselwirkungen sind nicht nur von auf die Zukunft übertragbar sind? Diese Frage Conclusio
Prämie zu Prämie unterschiedlich, sondern kann natürlich nicht mit einer 100-prozentigen
können sowohl positiv als auch negativ sein. Sicherheit beantwortet werden – wie fast im- Faktorprämien vermögen das Risiko-Rendi-
Das heißt, dass verschiedene Faktorprämien mer in sozialwissenschaftlichen Disziplinen. te-Verhältnis einesAktienportfolios in einem
sich gegenseitig verstärken, aber auch ab- Grundsätzlich gilt das auch in Bezug auf die hohenAusmaß zu erklären, und zwar in einem
schwächen können. Höhe der „normalen“ Renditen aller Anlage- höheren Maße als andere objektive Merkmale
klassen ohne Faktorprämien:Aktien, zinstra- wie z. B. Branchenzugehörigkeit, Dividen-
Da zwei gegebene Prämien meist eine gende Investments, Immobilien, Edelmetalle, denrendite oder subjektive Merkmale wie
Korrelation von unter eins aufweisen, können Rohstoffe oder Kunst. Nirgendwo ist die Höhe Qualität des Managements.
durch dieAufnahme mehrerer Faktorprämien der erwarteten absoluten oder relativen Ren-
ins Portfolio risikosenkende Diversifikations- diten in den nächsten 20 Jahren oder darüber Durch eine bestimmte Form der Über-
vorteile realisiert werden, was demzufolge gewichtung der wesentlichen Faktorprämien
lässt sich unseres Erachtens in Zukunft eine
Langfristig bringt Smart Beta Investing einen Renditevorteil erwartete Mehrrendite gegenüber dem Ge-
samtmarkt von langfristig einem bis einein-
Faktorprämien für den Weltmarkt pro Jahr (p. a.) von 1975 bis 2020 und Teilzeiträume halb Prozentpunkten jährlich nach Kosten er-
(nach Verfügbarkeit der Daten) zielen – historisch war diese Outperformance
merklich höher. Die am besten belegten Prä-
Zeitraum „Small Size” „Value” „Quality” „Momentum” „Political Risk” mien sind aus unserer Sicht Small Size,Value,
Quality, Momentum und Political Risk.
1975 bis 2020 3,3% 0,4% – – –
1975 bis 1994 Einzelne Faktorprämien „funktionieren“
1995 bis 2020 5,4% 2,1% – – – nicht in jedem gegebenen Jahr zuverlässig,
1975 bis 1990 weshalb es naheliegt, über mehrere Prämien
1991 bis 2000 1,7% –0,5% 3,4% 4,3% 0,6% hinweg zu diversifizieren.
2001 bis 2010
2011 bis 2020 7,1% 2,1% – – – *) In Kooperation mit Alexander Weis
–3,1% 0,5% – – 2,3%
6,4% 1,4% 0,2% 1,8% 15,4%
0,5% –1,5% 3,4% 4,0% –6,0%
Quelle: Gerd Kommer Invest, MSCI, Dimensional Fund Advisors, Deutsche Bundesbank, Stand: November 2021
FAKTORPRÄMIEN SCHWANKEN KURZFRISTIG SEHR STARK Faktorprämien in Prozent, positive Werte zeigen 50%
einen Mehrertrag in Relation zum neutralen 40%
l „Small Size” 30%
l „Value” Gesamtmarkt, negative Wert eine Minderrendite 20%
l „Quality”
l „Momentum”
l „Minimum Volatility”
l „Political Risk”
10%
Quelle: Gerd Kommer Invest GmbH 0%
–10%
–20%
–30%
–40%
–50%
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Während langfristig die Beachtung von Faktorprämien die erwarteten Renditen steigert, kann man nicht vorhersagen, welche der Faktoren im nächsten Jahr
„funktionieren”, wie die Ergebnisse in der Vergangenheit eindeutig zeigen. Die Gewinner und Verlierer unter den Faktoren wechseln von Jahr zu Jahr
Dezember 2021/Jänner 2022 TOP 13